DAS PROBLEM MIT DER ARBEIT
FEMINISMUS, MARXISMUS, ANTI-ARBEITSPOLITIK UND POST-ARBEITSVORSTELLUNGEN
Übersetzung: Stefanie Klein
“Obwohl sich Frauen nicht über die Macht der Ehemänner beschweren, beschwert sich doch jede über ihren eigenen Ehemann oder die Ehemänner ihrer Freundinnen. So verhält es sich auch in allen anderen Fällen von Knechtschaft, zumindest zu Beginn der emanzipatorischen Bewegung. Die Untergebenen beschwerten sich nicht zuerst über die Macht ihrer Herrscher, sondern über ihre Tyrannei.”
John Stuart Mill, The Subjection Of Women
“Eine Art der Arbeit oder ein bestimmter Job wird in der heutigen Arbeitswelt mit einer anderen verglichen, sei sie erlebt oder vorgestellt. Kritische Urteile werden seltener über die Welt der Arbeit gefällt, wie sie heute organisiert ist, als über andere Möglichkeiten, sie zu organisieren.”
C. Wright Mills, White Collar
Die heutigen Probleme mit der Arbeit – wobei ich mich auf die Vereinigten Staaten von Amerika beziehe – hängen mit ihrem Umfang und ihrer Qualität zusammen und lassen sich nicht auf die Mühen einer einzelnen Gruppe reduzieren. Diese Probleme zeigen sich in den Niedriglöhnen der meisten Branchen der Wirtschaft; in Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und in prekären Beschäftigungsverhältnissen, unter denen viele Arbeiter leiden; sie äußern sich auch in Überstunden, die häufig sogar die privilegiertesten Arbeitsplätze prägen – selbst der beste Job wird zum Problem, wenn er einen solchen Anteil des Lebens einnimmt. Sicher, wenn wir uns einfach nur mit diesen Bedingungen abfinden würden, gäbe das kein Rätsel auf. Das Verblüffende ist weniger das Hinnehmen der Tatsache, dass man arbeiten muss, um zu leben, als vielmehr die Bereitschaft, für die Arbeit zu leben. Es ist gleichsam leicht nachvollziehbar, warum wir die Arbeit so wertschätzen, aber deutlich weniger verständlich, warum wir sie über andere Zeitvertreibe und Aktivitäten stellen. Es ist auch überraschend, dass diese Fragen innerhalb der politischen Theorie kaum gestellt werden. Das geringe Interesse an einer Darstellung der täglichen Schinderei der Arbeitsroutinen in den unterschiedlichen Formen der Popkultur ist vielleicht nachvollziehbar 1 , ebenso wie die Tendenz der Kulturkritiker, sich eher auf die Leb- und die Sinnhaftigkeit der Verbrauchsgüter zu konzentrieren, statt auf die Arbeitstätigkeit, die Marx als Ursache für ihre Fetischisierung benannt hat (Marx 1976, 164-65).
Die Vorliebe für einen Grad an Abstraktion, der dazu führt, dass weder die qualitativen Dimensionen noch die hierarchischen Zusammenhänge von Arbeit registriert werden, kann auch als Ursache für deren relative Missachtung im Bereich der Mainstream-Wirtschaftswissenschaften gelten. Aber die mangelnde Aufmerksamkeit der politischen Theorie gegenüber den Erfahrungen und dem politischen Gefüge der Arbeit gehört anscheinend zu einem anderen Problem 2 . Tatsächlich scheinen sich die Vertreter politischer Theorien mehr für unser Leben als Bürger und Nichtbürger, als Rechtssubjekte und Rechteinhaber, als Konsumenten und Zuschauer, als religiöse Anhänger und Familienangehörige, denn für unser tägliches Leben als Arbeiter zu interessieren. 3 Und dennoch würde man (um ein einfaches Beispiel zu nennen) allein in Anbetracht der Zeit, die ein Durchschnittsbürger der Arbeit widmet – vor allem, wenn wir die Zeit für das Einlernen, die Suche und die Vorbereitung auf eine Arbeit, gar nicht zu reden von der Erholung von ihr, hineinrechnen – denken, dass sie als Lebenserfahrung stärker berücksichtigt werden müsste. Die Arbeit ist nicht nur für die Menschen essenziell, die ihr Leben darum aufgebaut haben, sondern in einer Gesellschaft der Lohnarbeit auch für diejenigen, die von ihr ausgeschlossen oder in Bezug auf sie an den Rand gedrängt sind. Um das vielleicht noch deutlicher zu machen, sollten Orte der Beschäftigung und Bereiche der Arbeit im Tagesgeschäft der Politikwissenschaften doch besonders relevant erscheinen: als Orte der Entscheidungsfindung, die von Macht- und Autoritätsbeziehungen bestimmt sind; als hierarchische Organisationen, die das Thema von Konsens und Gehorsam aufbringen; als Ausschlussbereiche, die Fragen über Zugehörigkeit und Zwang aufwerfen.
Auch wenn uns unpersönliche Gründe zur Arbeit verpflichten, begeben wir uns mit dem Betreten des Arbeitsplatzes unvermeidlich in eine direkte und persönliche Beziehung zwischen Bestimmenden und Bestimmten. Tatsächlich ist der Arbeitsplatz meistens der Ort, an dem wir im täglichen Leben den unmittelbarsten, eindeutigsten und greifbarsten Machtbeziehungen ausgesetzt sind. Als ein vollständig politisches statt rein wirtschaftliches Phänomen sollte die Arbeit uns als ein besonders ergiebiges Objekt für Untersuchungen erscheinen. Es gibt mindestens zwei nennenswerte Gründe für die mangelnde Berücksichtigung der Arbeit in der politischen Theorie. Der erste der beiden ist das, was ich die Privatisierung der Arbeit nenne. Wie die zwei vorangestellten Zitate andeuten, scheint es uns schwerzufallen, die Machtbeziehungen auf der Arbeit und in der Familie systematisch auseinander zu halten; oft erleben und verstehen wir das Beschäftigungsverhältnis wie ein Eheverhältnis – nicht als soziale Institution, sondern als einzigartige Beziehung. Dies lässt sich sicher auch durch die Institution des Privateigentums erklären, das die Ungestörtheit des Beschäftigungsverhältnisses parallel zum Eheverhältnis sichert. Dennoch sollte erwähnt werden, dass diese Form der privatisierten Arbeit nicht so leicht aufrecht zu erhalten ist: Lange hat die Arbeit in der privat-öffentlichen Wirtschaft des Liberalismus eine etwas schwierige Position eingenommen. Und obwohl John Locke ihr durch das natürliche Recht auf Eigentum und dessen Einbettung in die Haushaltsführung einen privaten Charakter verleihen konnte, bedroht die staatliche Rolle bei der Verteidigung der Eigentumsrechte (und die seit Locke ansteigende Regulierung und Planung im Sinne des Eigentums) den Status der Arbeit als private Beziehung und setzt sie – in der Logik Lockes – dem Zuständigkeitsbereich realer politischer Macht aus. 4
In der Unterscheidung zwischen öffentlich und privat wird der Topos der Arbeit mit der aufkommenden Industrialisierung noch problematischer: Während Arbeit mit Lohnarbeit gleichgesetzt und vom Haushalt getrennt wird, erscheint sie im Vergleich zur privaten Sphäre verhältnismäßig öffentlich. Es gibt aber noch weitere Mechanismen, die die von mir beschriebene Privatisierung der Arbeit begründen. Eine ist ihre Verdinglichung: Die Tatsache, dass man heute arbeiten muss, “um seinen Lebensunterhalt zu verdienen” wird als Teil der natürlichen Ordnung statt als soziale Konvention verstanden. Wie C. Wright Mills es in einem der Zitate oben beschreibt, tendieren wir in der Konsequenz dazu, uns mehr auf die Probleme mit diesem oder jenem Job oder auf sein Fehlen zu konzentrieren, als uns mit der Arbeit als Erfordernis, als System, als Lebensweise zu beschäftigen. Wie die Leibeigenen, die John Stuart Mill im anderen Zitat beschreibt, “sich nicht zuerst über die Macht ihrer Herren, sondern nur über deren Tyrannei beklagen” (1988, 84), fällt es uns leichter, uns über die Probleme mit diesem oder jenem Chef zu beschweren, als über das System, das ihnen eine solche Macht einräumt. Die effektive Privatisierung der Arbeit ist auch ein Teil der Logik, mit der der Arbeitsmarkt die Arbeit so stark wie nie zuvor individualisiert, mit ihrer enormen Vielfalt an Aufgaben und Zeitplänen, die heutige Beschäftigungsverhältnisse ausmachen. Wie der Haushalt wird der Arbeitsplatz typischerweise als privater Raum betrachtet, als Ergebnis einer Reihe an individuellen Vereinbarungen, statt als soziale Struktur; als ein Ort der menschlichen Bedürfnisse und eine Sphäre individueller Wahl, statt als Schauplatz für die Ausübung politischer Macht. Und aufgrund dieser Verknüpfung der Arbeit mit dem Bereich des Individuellen ist es schwer, die Kritik an der Arbeit so anzubringen, dass sie nicht als etwas vollkommen anderes wahrgenommen wird: als eine Kritik an den Arbeitern.
Durch die Unterordnung der Arbeit unter die Eigentumsrechte, ihre Verdinglichung und ihre Individualisierung fällt es vielen seltsamerweise genauso schwer, die Arbeit trotz ihres wohl eher dürftigen privaten Status als soziales System zu denken, wie die Ehe und die Familie als soziale Struktur zu begreifen. Der zweite Grund für die Marginalisierung der Arbeit bei der Konzeption des Politischen durch die politische Theorie könnte dem Rückgang des arbeitsbasierten Aktivismus in den Vereinigten Staaten zugeschrieben werden. Ohne Arbeiterpartei und mit den wechselhaften und manchmal gegensätzlichen Klassenausrichtungen innerhalb und zwischen den zwei Hauptparteien, hat die politische Agenda selten als Vehikel für einen arbeitsbezogenen Aktivismus gedient. Zudem wurde die Kraft der gewerkschaftsgetriebenen Politik durch die starke Abnahme an Mitgliedschaften seit dem zweiten Weltkrieg geschmälert. Heute scheinen viele Aktivisten anzunehmen, dass die beste Chance zur Ausübung kollektiver Macht neben dem parteiorientierten Wählen und dem institutionalisierten kollektiven Verhandeln in unserer Kaufkraft liegt. Daher treten ethisches Kaufverhalten und der Boykott durch die Konsumenten als Möglichkeit zur Beeinflussung unternehmerischer Entscheidungen an die Spitze des politisch-wirtschaftlichen Vorstellungsvermögens. Natürlich ist die Logik, die diesen Modellen von Konsumentenpolitik zugrunde liegt, genau die gleiche, wie die, die es Unternehmen ermöglicht, niedrige Preise für immer höherwertige Konsumgüter als angemessene Gegenleistung für niedrige Löhne, Outsourcing, Gewerkschaftsbekämpfung und staatliche Arbeitsbeschaffungsprogramme erscheinen zu lassen. In dem Maße, in dem die Bildung von Gewerkschaften und die Organisation von Konsumenten zwar zwei offensichtlich wichtige Instrumente, aber gleichzeitig die einzigen Vorstellungsräume für eine Politik der Arbeit bleiben, haben wir nur wenige Möglichkeiten, um die Anti-Arbeitsbewegung voranzubringen und Alternativen für eine Zeit nach der Arbeit zu entwickeln.
Worauf es bei all diesen Schritten einer Entpolitisierung der Arbeit ankommt, möchte ich mit diesem Beitrag zur politischen Theorie der Arbeit durchdenken und zur Debatte stellen. Aber zunächst möchte ich mich auf die theoretischen Grundlagen und die vorherrschenden, wegbestimmenden Konzepte konzentrieren – nicht so sehr, um die folgende Analyse vorwegzunehmen, als vielmehr, um die von ihnen ausgehende Inspiration aufzunehmen und die Art der Forderungen und Voraussetzungen zu erläutern, die diese mit sich bringen. Auch wenn Max Weber, Jean Baudrillard und Friedrich Nietzsche an einem bestimmten Punkt der Analyse als theoretische Grundlage eine kritische Rolle spielen werden, stützt sich das Projekt vor allem, wenn auch selektiv, auf die feministische und die marxistische Theorie, wie diese Eröffnungsdiskussion veranschaulichen wird. Ich sollte erwähnen, dass die Missachtung der politischen Dimension der Arbeit innerhalb der politischen Theorie nicht das einzige Hindernis für dieses Vorhaben ist; denn wie wir sehen werden, stellen uns auch die produktivistischen Tendenzen des Feminismus und des Marxismus mit ihren die Arbeit teilweise sehr explizit, teilweise stillschweigend befürwortenden Thesen und Aussagen vor einige Probleme.
Nichtsdestotrotz gibt es innerhalb jeder dieser Denktraditionen eine Reihe von Ausnahmefällen oder sogar Untertraditionen, die einiges an Kritik der Arbeit und Post-Arbeitsvorstellungen zu bieten haben. Aber statt diese Einleitung entlang einer Aufzählung der einschlägigen theoretischen Hintergründe des Projektes zu strukturieren, möchte ich sie lieber entlang der Beziehung des Projekts zu einer Auswahl von Schlüsselkonzepten aufbauen.
Die Analyse beginnt mit zwei Konzepten, die das Vorhaben umreißen und die Richtung vorgeben: die Arbeitsgesellschaft und die Arbeitsethik. Anschließend geht es mit einer Serie von Begriffspaaren weiter, darunter Arbeit und Arbeitskräfte, Arbeit und Klasse sowie Freiheit und Gleichheit, mit denen ich die zentralen Themen des Textes mit Leben füllen und meine Bedenken und Beweggründe herausarbeiten möchte. Zu Beginn lege ich dar, warum ich das Thema der Arbeit für theoretisch so relevant und politisch für so dringlich halte. Das Konzept der Arbeitsgesellschaft dient dabei als Ausgangspunkt für die Diskussion.
Die Arbeitsgesellschaft
Der Perspektivenwechsel, von dem ich mir wünschen würde, dass ihn die politischen Theoretiker stärker vorantrieben, ist ein Blickwechsel weg von Staat und Regierung hin zu politischer Ökonomie; weg von kulturellen Produkten hin zu den Stätten und Verhältnissen der Produktion; weg vom öffentlichen Raum und von Marktplätzen hin zu den Arbeitsplätzen.
Dieser Perspektivenwechsel erinnert an einen Vorschlag, den Marx in einer vielzitierten Passage am Ende des zweiten Teils des ersten Bandes von “Das Kapital” gemacht hat. Um den Erwerb und den Verkauf dieser sehr “sonderbaren” Ware Arbeitskraft zu beschreiben, erzählt er die Geschichte von zwei freien, eigennützigen Individuen, die beide Besitzer eines Stück Lands und vor dem Gesetz gleich sind und die einen Tausch von Leistungen eingehen: Der Erste stimmt zu, dass der Zweite seine Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit nutzen kann und der Zweite stimmt zu, dem Ersten dafür einen bestimmten Geldbetrag zu bezahlen.
Um zu erfahren, was nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags geschieht, müssen wir uns jedoch an einen anderen Ort bewegen, nämlich an den Ort, an dem diese besondere Ware “konsumiert” wird, indem ihr Verkäufer die Arbeit ausführt. “Diese geräuschvolle, auf der Oberfläche hausende und aller Augen zugängliche Sphäre” verlassen wir also mit Marx “zusammen mit Geldbesitzer und Arbeitskraftbesitzer, um beiden nachzufolgen in die verborgene Stätte der Produktion, an deren Schwelle zu lesen steht: Eintritt nur in Geschäftsangelegenheiten. Hier wird sich zeigen, nicht nur wie das Kapital produziert, sondern auch wie man es selbst produziert, das Kapital.” (1976, 279-280). Er verspricht, dass das “Geheimnis der Plusmacherei” unter diesem veränderten Blickwinkel enthüllt wird (280).
Durch den veränderten Fokus der Fragestellung auf eine lohnbasierte Produktion statt auf den marktbasierten Austausch wird der Arbeitsprozess, also die Arbeitsaktivitäten und die gesellschaftlichen Beziehungen, die diese formen, bestimmen und regeln, als Hort der kapitalistischen Wertsteigerung entlarvt.
Doch was gewinnen wir durch diesen neuen Blickwinkel? Was sehen wir, wenn wir den Fokus von der Sphäre des Marktes und Handels hin zu der privatisierten Sphäre der Produktion lenken? Wie seine Wortwahl der Enthüllung eines Geheimnisses es nahelegt, möchte Marx über das Eintauchen in diese “verborgene Stätte” die Welt der Lohnarbeit sichtbar machen, möchte sie nicht als natürlichen Wegbereiter oder ein peripheres Nebenprodukt der kapitalistischen Produktion, sondern vielmehr als ihren zentralen Mechanismus (Lohn) und ihren Lebenssaft (Arbeit) zeigen. Mit diesem Perspektivenwechsel erkennt die marxistische, politische Theorie die Lohnarbeit als einen zentralen kapitalistischen Produktionsmodus an und erklärt sie zu einem Ausgangspunkt, von dem aus die Mysterien des Kapitalismus aufgedeckt und seine Logiken offenbart werden können.
Aus meiner Sicht ist diese Anerkennung der Bedeutung von Arbeit heute ebenso relevant wie zu Marx’ Zeiten und es ist diese Beobachtung, die ich mit meinen Ausführungen zur Arbeitsgesellschaft unterstreichen möchte. Die Lohnarbeit ist bis heute das Herzstück spätkapitalistischer Systeme; natürlich, denn sie ist für die meisten Menschen der Weg, um die Grundbedürfnisse von Hunger, Kleidung und einem Dach über dem Kopf zu befriedigen. Sie ist aber nicht nur der primäre Mechanismus, durch den Einkommen verteilt wird, sie ist auch das grundsätzliche Mittel, um Status zuzuweisen und einen Zugang zu medizinischer Versorgung und Renten zu erhalten. Nach der Familie ist die Lohnarbeit für Millionen von Menschen oft die wichtigste, wenn nicht die einzige Quelle für sozialen Zusammenhang. Kinder so großzuziehen, dass sie später einen sicheren Arbeitsplatz in der gleichen, wenn nicht in einer höheren gesellschaftlichen Klasse ihrer Eltern erlangen, ist ein allgemein vertretenes Ziel in der Kindererziehung.
“Menschen zur Arbeit zu befähigen”, ist darüber hinaus “das zentrale Ziel der Schulen, ein Erfolgskriterium für medizinische und psychiatrische Behandlungen und das vorgebliche Bestreben der meisten Wohlfahrts- und Arbeitslosengeldprogramme”, wie Nona Glazer anmerkt (1993, 33). Dazu beizutragen, dass Menschen “arbeitsbereit” sind und sie in Jobs zu vermitteln, gehört zu den zentralen Anliegen von Sozialarbeit (Macarov 1980, 12), gilt als allgemeingültiges Grundprinzip für das Gefängnissystem und ist ein wichtiger Anreiz, um beim Militär aktiv zu sein. In der Tat ist die Durchsetzung von Arbeit als andere Seite des Schutzes der Eigentumsrechte eine Schlüsselfunktion des Staates (Seidman 1991, 315) und in einem neoliberalem Postwohlfahrtstaat eine ganz besonders grundlegende Aufgabe.
Aber die fundamentale Rolle der Arbeit sichtbar zu machen, ist nur ein Teil dessen, was Marx mit seinem Wechsel des Blickwinkels erreicht. Während des Abtauchens von der Sphäre des Marktes, die er satirisch als “wahres Eden” der Gleichberechtigung, persönlicher Freiheit und sozialer Harmonie beschreibt (1976, 280), hinein in die privatisierten Orte der Arbeit, will er das Gefüge der Arbeit nicht nur sichtbar machen, sondern auch politisieren. Genauer gesagt, soll durch die Fokussierung auf den Konsum von Arbeitskraft die soziale Bedeutung der Arbeit ausgestellt und sie gleichzeitig als politisches Problem gestellt werden. Obwohl Marx darauf beharrte, dass bezahlte Arbeit für all diejenigen ohne Alternativen ein System “erzwungener Arbeit” (1964) ist, bleibt es zum größten Teil eine abstrakte Form der Dominanz.
Im Allgemeinen ist es weder die Polizei noch die Androhung von Gewalt, die uns zur Arbeit zwingt, sondern ein soziales System, das sicherstellt, dass der Gang zur Arbeit für die meisten von uns der einzige Weg ist, um die eigenen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Daher scheint der spezifische Mechanismus, mit dem die Waren und Dienstleistungen in einer kapitalistischen Gesellschaft verteilt werden, nicht auf sozialen Konventionen oder politischer Macht sondern auf den menschlichen Bedürfnissen zu gründen, wie Moishe Postone feststellt (1996, 161). Die soziale Rolle der Lohnarbeit wurde so naturalisiert, dass sie notwendig und unvermeidlich erscheint, als etwas, an dem man herumdoktern, dem man aber niemals entfliehen kann.
Damit versucht Marx, die ökonomischen, sozialen und politischen Funktionen von Arbeit im Kapitalismus herauszustellen und die spezifischen Weisen zu problematisieren, mit der solche systembildenden Praktiken in industrielle Formen und kapitalistische Beziehungen von Arbeit eingeschrieben sind. Dieser Ansatz – die Arbeit gleichzeitig öffentlich und politisch zu machen – ist ein Weg, um den Kräften, die die Arbeit naturalisieren, privatisieren, individualisieren, ontologisieren und damit auch depolitisieren wollen, entgegen zu treten. Arbeit ist demnach nicht nur eine ökonomische Praxis. Dass jedes Individuum arbeiten muss, dass von den meisten erwartet wird, für Lohn zu arbeiten oder von jemandem unterstützt zu werden, der das tut, ist tatsächlich eher eine gesellschaftliche Konvention und ein disziplinarischer Apparat als eine ökonomische Notwendigkeit. Dass jedes Individuum nicht nur einen Teil seiner Lebenszeit, sondern oftmals ein ganzes Leben lang arbeiten muss; dass es nicht nur arbeiten, sondern Arbeiter werden muss, ist für die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums nicht notwendig. Tatsache ist, dass gesellschaftlicher Reichtum im Kollektiv und nicht durch das Individuum produziert wird, auch wenn sich die überholte ökonomische Vorstellung vom direkten Zusammenhang von individueller Produktion mit dem Konsum hartnäckig hält. 5 Es ist in der Tat so, wie Postone es beobachtet, “auf einem tiefen, systemischen Level wird nicht um den Willen des Konsums produziert” (1996, 184).
Der Zusammenhang mag unmittelbar und unumkehrbar erscheinen, ist aber hochgradig vermittelt: Keine der Parteien in einem Arbeitsverhältnis hat den Konsum zum Ziel; die eine strebt nach Mehrwert und die andere nach einem Einkommen. Die normative Erwartung von Lohnarbeit als einer individuellen Verantwortung hat mehr mit ihrer gesellschaftlich vermittelnden Rolle als mit ihrer rein produktiven Funktion zu tun (150). Arbeit ist das primäre Mittel, um Individuen sowohl in das ökonomische System als auch in soziale, politische und familiäre Formen der Kooperation zu integrieren. Dass die Menschen arbeiten sollen, ist eine Grundlage des allgemeinen Gesellschaftsvertrags; um genau zu sein, ist es das Element, um einzelne Subjekte zu den unabhängigen Individuen der liberalen Vorstellungswelt zu machen und wird daher als eine Grundpflicht der Staatsbürgerschaft betrachtet. (Die Tatsache, dass die Gesundheit der Wirtschaft von einer beständigen Begrenzung der Arbeitslosigkeit abhängt, ist nur eines der größeren Probleme mit dieser Konvention.) Die Träume individueller Verwirklichung und der Wunsch zum Allgemeinwohl beizutragen, werden eng mit der Lohnarbeit verknüpft - und von dort aus erfolgt ihre feindliche Übernahme mit einem ganz anderen Ergebnis: Nicht mit dem Ziel individuellen Reichtum oder gesellschaftlichen Wohlstand zu produzieren, sondern um privat angeeigneten Mehrwert herzustellen. Die Kategorie der Arbeitsgesellschaft beschreibt nicht nur die Schlüsselrolle der Arbeit, sondern auch die Tragweite ihrer sozialen Relevanz (siehe beispielsweise Beck 2000).
Die bisher aufgeworfenen Fragen und ausgeführten Aspekte sollen als Bühne für die folgenden Argumente dienen. Ein Weg, um sich die Diskussion in ihrer Gänze zu erschließen, ist die Aufteilung in zwei Teile: Der erste Teil meines Buches konzentriert sich auf die diagnostischen und dekonstruierenden Dimensionen der kritischen Theorie der Arbeit; und der zweite Teil fokussiert auf die normativen und rekonstruierenden Aspekte des Projekts. Während “die Zurückweisung” die belebende Kategorie für den ersten Teil darstellt, fußt der zweite Teil auf der “Forderung”. Die Argumentation entwickelt sich also von der Zurückweisung gegenüber dem heutigen Verständnis von Arbeit hin zur Forderung nach Gegenmitteln und Vorstellungen einer alternativen Zukunft. Wie bereits erwähnt, steht die Arbeitsethik im Zentrum der politischen Theorie über und gegen die Arbeit, womit ich meine Ausführungen beginne. Eine Kritik der Arbeit, die ihre Dominanz über unsere Leben herauszufordern sucht, muss den ethischen Diskurs berücksichtigen, der der Arbeit ihre Bedeutung gibt und ihre Vorrangstellung verteidigt.
Zunächst wird die Arbeitsethik einer kritischen Analyse unterzogen und es werden einige der theoretischen Grundlagen erkundet, mit denen sie untersucht werden kann. Ich konzentriere mich hierbei auf die Natur und die Funktion der Arbeitsethik in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als passender Einstieg für einen Text, der sich so häufig auf die marxistischen Quellen bezieht, konzentriert sich die Analyse zu Beginn auf “Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus” von Max Weber und damit auf eine der bekanntesten kritischen Abhandlungen dieser Tradition.
Ausgehend von den Beständigkeiten und Verschiebungen im Verlauf der unterschiedlichen Erscheinungsformen der Arbeitsethik, zunächst als Protestantischer Ethik und später als industrieller und dann postindustrieller Ethik, soll die Analyse die jüngere Vergangenheit der Arbeitsethik aufzeigen und Fragen zur ihrer Zukunft aufwerfen. Heute, wo neoliberale und postliberale Regime nahezu jeden zur Lohnarbeit verpflichten (ungeachtet der Tatsache, dass es dafür nicht genug Arbeit gibt), wo die postindustrielle Produktion die Köpfe und Herzen ebenso wie die Hände der Arbeiter beschäftigt und wo die nach Taylor entstandenen Arbeitsprozesse ein immer stärkeres Selbstmanagement von Subjektivität erfordern, so dass die Haltung und die emotionale Einstellung zur Arbeit selbst einen Wert herstellt, ist der ethische Diskurs über die Arbeit unverzichtbarer als je zuvor und eine Verweigerung des verordneten Arbeitens umso dringlicher. In diesem Sinne soll die Analyse nicht nur die Beständigkeit und Macht der Ethik betrachten, sondern auch ihre instabilen und verwundbaren Aspekte beleuchten. Demzufolge geht es um theoretische Werkzeuge, mit denen wir einige dieser eröffnenden Punkte näher erkunden können. Ausgehend von Jean Baudrillards Kritik des Produktivismus untersuche ich die Grenzen zweier miteinander verwandter Paradigmen der marxistischen Theorie, die als “sozialistische Modernisierung” und “sozialistischer Humanismus” bezeichnet werden, und konzentriere mich dann auf eine Erklärung der autonomistischen marxistischen Theorie und die Praxis der Arbeitsverweigerung.
Die kritische Begutachtung dieser zwei früheren Modelle eröffnet die Möglichkeit, die arbeitsbefürwortenden Annahmen und Werte, die sich hartnäckig in zahlreichen theoretischen Gerüsten – sowohl in manchen marxistischen Diskursen als auch in den lehrreichen Gegensätzen – halten, jenem anderen Engagement gegenüber zu stellen, das als neuere Strömung den autonomistischen Marxismus belebt. Die Verweigerung von Arbeit – und zwar nicht als Verweigerung von Kreativität oder produktivem Tun, sondern als Verweigerung der heutigen Ausrichtung von Arbeit und ihrer moralisierten Konzeption – dient als methodologisches Gravitationszentrum und fortschreitende Inspirationsquelle für die Art der Analyse und die Spekulationen, die die nachfolgenden Kapitel bestimmen.
Die kritische Praxis als Herzstück der Arbeitsverweigerung, wie ich sie verstehe, ist gleichzeitig Dekonstruktion und Rekonstruktion. Oder wie die Autonomen es beschreiben würden: eine Praxis der Trennung und ein Prozess der Selbstaufwertung, die sich einer Analyse verpflichten, die gleichermaßen der Anti-Arbeitskritik und der Vorstellung der Post-Arbeitsschöpfung dient. Die Analyse der zweiseitigen Qualität der Arbeitsverweigerung markiert einen Wechsel von der kritischen Anklage, die ich beschrieben habe, hin zu der Aufgabe, mögliche Alternativen zu entwickeln; von der Entwicklung einer Kritik der Arbeitsethik hin zur Anstiftung und einem politischen Vorstellungsvermögen der Post-Arbeit. Genauer gesagt, verschiebt sich der Fokus der Argumentation an diesem Punkt von der Verweigerung der Arbeit und ihrer Moral hin zur Forderung eines sicheren Grundeinkommens und einer 30-Stunden-Woche.
Mit der Kategorie der utopischen Forderung möchte ich eine Beziehung herstellen zwischen der kritischen Analyse der Arbeit und dem Verlangen, der Vorstellung und dem Wunsch nach einer Post-Arbeitswelt, wie sie sich in der Praxis der Äußerung politischer Forderungen darstellt.
Utopische Forderungen, inklusive dem Bedürfnis nach einem Grundeinkommen und kürzerer Arbeitszeit, sind mehr als reine Maßnahmenvorschläge; sie beinhalten auch die Perspektiven und Modi des Seins, die den Texten und Praktiken zu Grunde liegen, durch die sie geprägt sind, aus denen sie erwachsen und die sie unausweichlich übertreffen werden. Eine Einschätzung ihres Nutzens muss daher die Möglichkeiten und Grenzen ihrer strukturellen Effekte wie auch ihrer diskursiven Effekte berücksichtigen. Aber zuerst: Warum sollte man diese Forderungen hervorheben? Es gibt sicherlich jede Menge an Forderungen, die eine Erkundung wert wären; Vorschläge, die zu konkreten Verbesserungen der momentanen Arbeitsbedingungen führen könnten. 6 Die Forderung nach einem Mindestlohn ist ein offensichtliches Beispiel; quer durch die Vereinigten Staaten haben Kampagnen für eine Reform des Mindestlohns politische Aktivitäten auf einem beeindruckenden Niveau ausgelöst und bedeutende Siege errungen. Ich konzentriere mich aus zwei Gründen auf die Forderung nach einem Grundeinkommen und einer kürzeren Arbeitszeit: Erstens beinhalten sie, ebenso wie die Forderung nach einem Mindestlohn und Ähnlichem, wichtige Lösungsvorschläge für einige der Probleme des bestehenden Systems von Löhnen und Stunden. Ein garantiertes und universelles Grundeinkommen würde die Verhandlungsposition aller Arbeiter gegenüber ihren Arbeitgebern verbessern, und es einigen Menschen erlauben, aus der Lohnarbeit auszutreten, ohne das Stigma und das Prekariat bedürftigkeitsgeprüfter Wohlfahrtsprogramme. Eine Vollzeit-30-Stunden-Woche ohne Verluste in der Bezahlung würde dazu beitragen, die Probleme der Arbeitslosigkeit und der Überarbeitung anzugehen. Der zweite Grund für diese Auswahl an Forderungen, der sie aus meiner Sicht von vielen anderen Forderungen für wirtschaftliche Reformen, inklusive der Forderung nach einem Mindestlohn, unterscheidet, ist nicht nur ihr Vermögen, die Bedingungen für die Arbeit zu verbessern, sondern darüber hinaus die Voraussetzungen für deren Dominanz in Frage zu stellen. Diese Forderungen bestätigen weniger unser Recht auf Arbeit, als dass sie uns helfen, ein gewisses Maß an Freiheit von ihr zu erlangen. 7
Ziel ist es, Forderungen unter die Lupe zu nehmen, die konkrete Arbeitsformen nicht nur verbessern, sondern auch größere Fragestellungen über den Stellenwert der Arbeit in unserem Leben aufwerfen, und die eine Vorstellung vom Leben hervorrufen, das sich weniger ihrem Diktat unterwirft; Forderungen, die eher als Vektoren wirken und nicht so sehr als Ziellinien der Überlegungen. 8 Die weitere Untersuchung beginnt mit einer Erinnerung an die Bewegung der 70er Jahre, die Löhne für Hausarbeit forderte – einer der vielversprechendsten Ansätze, der – wie ich argumentiere – kaum verstanden wurde. Diese Instanz der marxistischen, feministischen Theorie und Praxis ist für dieses Projekt besonders relevant, da sie ihre Wurzeln in der autonomen Tradition hat, sich der Verweigerung von Arbeit verpflichtete und sie unverwechselbar umsetzte. Aufbauend auf Analysen dieser Literatur der gegenderten politischen Ökonomie der Arbeit, ihrer Form des Kampfes gegen die Ordnung der häuslichen Arbeit und ihrem Umgang mit der feministischen, politischen Praxis des Forderns, beginne ich, eine Argumentation für eine andere Forderung zu entwickeln: Die Forderung für ein garantiertes Grundeinkommen. Ich gehe davon aus, dass diese Forderung einige der Ziele der bezahlten Hausarbeit erfüllt, während sie gleichzeitig besser mit den Voraussetzungen einer postfordistischen, politischen Ökonomie zusammenpasst. Basierend auf dem Rahmen, den die Literatur zur bezahlten Hausarbeit bereitstellt, kann die Forderung nach einem Grundeinkommen mehr als nur eine sinnvolle Reform sein: Sie kann sowohl dazu dienen, eine kritische Sichtweise auf das System der Lohnarbeit zu entwickeln und gleichzeitig die Vision eines Lebens heraufbeschwören, das nicht auf den heute gültigen Bedingungen und Verhältnissen des Systems gründet. Mit diesem besonderen Verständnis davon, was eine Forderung ist und was sie vermag, führt die Analyse sukzessive zu meiner zweiten Forderung, der Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten.
Die Forderung nach einem Sechs-Stunden-Tag ohne Lohneinbuße lässt sich als Forderung nach Veränderung, als Perspektive und als Provokation, sowie gleichzeitig als eine sinnvolle Reform und als konzeptioneller Rahmen verstehen, der kritisches Denken und eine öffentliche Debatte über die Strukturen und die Ethik der Arbeit ermöglichen könnte. Sowohl für jene, die eine Reduzierung der Stunden um den Willen von mehr Zeit mit der Familie verteidigen, als auch für die, denen es nicht gelingt, mit der Forderung den Zusammenhang von Arbeit und Familie zu thematisieren. Der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten bezieht sich in dieser Abhandlung auf die Ausweitung unserer Freiheit – nicht nur von einem kapitalistischen Kommando, sondern auch von den auferzwungenen Normen der Sexualität und traditionellen Maßstäben für die richtige Zusammensetzung und die Rollen im Haushalt. Mit einem kritischen statt bestätigenden Blick auf den normativen Diskurs zur Familie wird die Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten hier neben anderen positiven Effekten als eine Forderung für mehr Zeit zum Träumen, Experimentieren und Teilhaben in den von uns ausgesuchten engen Beziehungen und Gemeinschaften verstanden. In diesem Sinne wird die Bewegung für kürzere Arbeitszeiten als eine Möglichkeit gesehen, sich die Zeit und den Raum zu nehmen, um Alternativen zu den bestehenden Strukturen und Ethiken von Arbeit und Familie aufzuwerfen und zu gestalten. Während die Forderungen nach einem Grundeinkommen und kürzeren Arbeitszeiten einen sinnvollen Weg hin zu einer kritischen Politik gegen und über die Arbeit hinaus aufzeigen, können sie aber auch leicht als utopisch abgetan werden.
Daher untersuche ich die Argumentation gegen die Utopie und versuche ausgehend von den Arbeiten Ernst Blochs und Friedrich Nietzsches eine Erwiderung zu erarbeiten. Statt die erläuterten Argumente für den Realitätsgehalt der Vorschläge zu wiederholen, folge ich einer anderen Spur. Statt das Urteil “utopisch” krampfhaft widerlegen zu wollen, sollte die Diskussion an die Frage anknüpfen, was eine utopische Forderung ist und was durch sie erreicht werden kann – immer ausgehend von der Annahme, dass wir die Wirksamkeit der utopischen Dimensionen nur über eine komplexere Auseinandersetzung mit ihnen erkennen können. Um die grundlegenden Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen der Forderung als utopischer Form zu ermitteln, untersuchen wir ihre Beziehungen zu anderen, vielleicht bekannteren utopischen Schöpfungen unter anderem aus der traditionellen Literatur, den philosophischen Utopien und dem Manifest. Das Konzept der utopischen Forderung, welches daraus entsteht, betont nicht nur ihre Fähigkeit, wichtige Reformen anzustoßen, sondern auch ihr Potenzial als kritische Perspektive und provokative Kraft, die den politischen Wunsch nach der Vorstellung und Bewegung hin zu einer anderen Zukunft auslöst. Der kurze Epilog soll die vorangegangen Argumente reflektieren und die Themen ansprechen, die sie vernachlässigt haben. Ich beginne mit zwei Klärungen. Erstens: Dass ich die Politik dem Terrain der Ethik vorziehe, wenn es um den Kampf gegen die Arbeit und um die Post-Arbeit geht, wirft die Frage nach ihrer Beziehung zueinander auf, derer sich die Analyse annimmt. Eine weitere begründete Diskussion entsteht rund um einen anderen Zusammenhang: zwischen der radikalen Zielsetzung des Projekts, das Leben jenseits der Arbeit wiederzubeleben, und seinen verhältnismäßig moderaten Forderungen. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen ambitionierten Zielen und moderaten Mitteln sorgt für die nötige Ausarbeitung des Verhältnisses zwischen Reform und Revolution, der dem Projekt zugrunde liegt.
Im letzten Teil trete ich einen weiteren Schritt zurück vom Material, um einen Weg zu finden, wie sich die beiden Forderungen zusammenbringen lassen und als Teil einer größeren politischen Anstrengung das Leben gegen die Arbeit verteidigen: eine umgangssprachliche Version dessen, was man als “Get a life”* beschreiben könnte. Die Überschrift Leben gegen Arbeit ist aus meiner Sicht weitläufig und konkret genug, um eine Politik des Nichtarbeitens und eine Vision für das Nach-der-Arbeit zu nähren.
In dem vorangestellten Zitat beklagt sich C. Wright Mills über die Tatsache, dass wir die Zufriedenheit mit einer Arbeit nur an den Standards einer anderen Arbeit messen: “Eine Art der Arbeit oder ein bestimmter Job wird in der heutigen Arbeitswelt mit einer anderen verglichen, sei sie erlebt oder vorgestellt. Urteile werden seltener über die Welt der Arbeit gefällt, wie sie heute organisiert ist, als über andere Möglichkeiten, sie zu organisieren” (1951, 229).
Ich möchte klarstellen, wie wichtig eine politische Theorie der Arbeit ist und vor allem eine politische Theorie, die Arbeit als politisches Problem für die Freiheit versteht. Über alle einzelnen Bereiche und Kategorien hinweg; über all die einzelnen Argumente zur Rolle der Arbeitsethik bei der Aufrechterhaltung der heutigen Arbeitsstrukturen und -kulturen, zur Rechtfertigung eines Grundeinkommens, zur Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten oder zur Nützlichkeit utopischen Denkens hinaus, soll meine Auseinandersetzung einige grundlegende Fragen über die Organisation und Bedeutung von Arbeit aufwerfen. Die Grundannahmen im Kern der Arbeitsethik – nicht nur die Tugenden harter Arbeit oder langer Arbeitszeiten – sondern auch ihre Unausweichlichkeit, werden zu selten untersucht, geschweige denn in Frage gestellt.
Welche Art Begriffsgefüge und welche Form des politischen Diskurses tragen dazu bei, die Natur, den Wert und die Bedeutung von Arbeit in Bezug auf andere Praktiken und zum Rest des Lebens neu zu denken? Wie können wir die fundamentalen Strukturen und herrschenden Werte der Arbeit mit all ihren Zeitlichkeiten, Vergesellschaftungen, Hierarchien und Subjektivitäten als politisch dringliches Phänomen bloßlegen? Wenn es sich bei den Fragen, warum wir arbeiten, wo wir arbeiten, mit wem wir arbeiten, woran wir arbeiten und wie lange wir arbeiten, um soziale Arrangements und damit eigentlich um politische Entscheidungen handelt, wie können wir dann größere Bereiche dieses Feldes als brauchbaren Boden für Debatten und den Kampf gewinnen? Das Problem mit der Arbeit ist nicht nur, dass sie so viel Zeit und Energie beansprucht, sondern dass sie auch das soziale und politische Vorstellungsvermögen beherrscht. Wie würden wir die verschiedenartigen Zeiten und Räume außerhalb der Lohnarbeit nennen und was würden wir mit und in ihnen anfangen wollen? Wie könnten wir uns die Inhalte und Rahmen unserer gegenseitigen Verpflichtungen jenseits der Währung Arbeit vorstellen? Das Argument, das darauf folgt, ist ein Versuch, theoretisch abzuschätzen und sich vorzustellen, wie die heutige Organisationsstruktur von Arbeit und der sie stützende Diskurs politisch hinterfragt werden können.
* engl. „Fang an zu leben!“ (Anm. d. Ü.)
1 Wie es Michael Denning bemerkt, ist es heute in der Tat “ein Allgemeinplatz, unseren Widerwillen gegen die Arbeit in den populären Geschichten unterzubringen. Ein Marsianer, der die Palette des Standardfilmangebots in sein Raumschiff saugt, würde daraus ganz logisch schließen, dass die Menschen weit mehr Zeit mit Sex als mit der Arbeit verbringen.” (2004, 91-92).
2 Während die Arbeit als Phänomen früher eine Untersuchung wert war, hat die “zeitgenössische politische Theorie” laut Russell Muirhead “mehr über Pluralismus, Duldung, Tugenden, Gleichheit der Chancen und Rechte, als über den Charakter der Arbeit zu sagen.” (2004, 14).
3 In einem Review soziologischer Arbeiten über die Verbindung von Arbeit und Identität schließt Robin Leidner, dass sich im Gegensatz zum weitreichenden Interesse an dem Thema Identität innerhalb der Geisteswissenschaften “nur ein paar wenige zeitgenössische Denker die Arbeit zum Ausgangspunkt ihrer Analyse der Identität in der späten Moderne oder Postmoderne machen.” (2006, 424).
4 Die Arbeiter können so von der Figur des Dieners repräsentiert werden, wie es eine berühmte Passage aus dem The Second Treatise on Civil Government nahelegt, in der Locke behauptet, dass die Arbeitskraft, die ein Individuum zum Besitzer privaten Eigentums macht auch den Torf beinhaltet, den der Knecht gestochen hat. (1986, 20).
5 Kulturelle Darstellungen der heutigen Arbeitswelt sind nicht nur relativ selten, sondern verändern sich auch sehr langsam. Daniel Rodgers nennt als Beispiel das weiterhin populäre Bild des Schmieds, das in Cartoons genutzt wird, um die Arbeiter in einer industriellen Wirtschaft darzustellen, obwohl es ihn kaum noch gibt. (1978, 242). In den 60er Jahren zeigte James Boggs das Problem des Festhaltens an überkommenden wirtschaftlichen Bildwelten ebenfalls auf, indem er argumentierte, dass einem postindustriellen Arbeitslosen zu erzählen, “dass er arbeiten muss, um sein Einkommen zu verdienen, das Gleiche ist, wie einem Mann in der Großstadt zu sagen, dass er auf Großwildjagd gehen soll, um sein Fleisch heranzuschaffen.” (1963, 52).
6 Obwohl es weniger der Wunsch nach Veränderung als der Wunsch nach einer Umsetzung der bestehenden Politik ist, muss erwähnt werden, dass allein der Wunsch nach einer Durchsetzung der Gesetze zu Löhnen und Arbeitszeiten auf dem Papier einen riesigen Unterschied machen würde, vor allem für das Leben der Niedriglohnarbeiter. Siehe Annette Bernhardt u. a. (2009).
7 Ein weiteres Beispiel ist die Forderung nach einer umfassenden Gesundheitsversorgung ohne Bindung an die Arbeit, obwohl diese Forderung als Kritik an der Arbeit weniger direkt wirkt als die Forderung nach einem Grundeinkommen und kürzeren Arbeitszeiten.
8 Die Forderung nach weniger Arbeit, wie sie Jonathan Cutler und Stanley Aronovitz erläutern, ist in ihrem Umfang ungewöhnlich, weil sie Arbeiter in die Position bringt, weitere Forderungen zu stellen: “Keine andere Verhandlungsforderung verbessert gleichzeitig die Verhandlungsposition.” (1998, 20).
Literatur
Bernhardt, Annette et.al. 2009. Broken Laws, Unprotected Workers: Violations of Employment and Labor Laws in America’s Cities. http://nelp.3cdn.net/319982941a5496C741_9qm6b92kg.pdf.
Boggs, James. 1963. The American Revolution: Pages from a Negro Worker’s Notebook. New York: Monthly Review Press.
Cutler, Jonathan and Aronowitz, Stanley. 1998. Post-Work: Wages of Cybernation. New York: Routledge. Denning, Michael. 2004. Culture in the Age of Three Worlds. London: Verso.
Glazer, Nona. 1993. Women’s Paid and Unpaid Labor: The Work Transfer in Health Care and Retailing, 1993. Philadelphia: Temple University Press.
Leidner, Robin. 2006. in Social theory at work. Oxford: Oxford University Press.
Locke, John. The Second Treatise on Civil Government, 1986. Amherst, N.Y.: Prometheus.
Macarov, David. Work and Welfare: The Unholy Alliance, 1980. Beverly Hills: Sage.
Marx, Karl. 1964. The Economic and Philosophic Manuscripts of 1844. Translated by Martin Milligan. New York: International Publishers.
Marx, Karl. 1976. Capital: A Critique of Political Economy. Vol. i. Translated by Ben Fowkes. New York: Vintage.
Mill, John Stuart. 1988. The Subjection of Women. Indianapolis: Hackett.
Mills, Wright. 1951. White Collar: The American Middle Classes. New York: Oxford University Press.
Muirhead, Russell. 2004. Just Work. Cambridge: Harvard University Press.
Postone, Moishe. 1996. Time, Labor, and Social Domination: A Reinterpretation of Marx’s Critical Theory, 1996. Cambridge: Cambridge University Press.
Rodgers, Daniel T. 1978. The Work Ethic in Industrial America: 1850-1920. Chicago: University of Chicago Press.
Seidman, Steven. 1991. Postmodernism and Social Theory: The Debate Over General Theory. Berkeley: University of California Press.
John Stuart Mill, The Subjection Of Women
“Eine Art der Arbeit oder ein bestimmter Job wird in der heutigen Arbeitswelt mit einer anderen verglichen, sei sie erlebt oder vorgestellt. Kritische Urteile werden seltener über die Welt der Arbeit gefällt, wie sie heute organisiert ist, als über andere Möglichkeiten, sie zu organisieren.”
C. Wright Mills, White Collar
Die heutigen Probleme mit der Arbeit – wobei ich mich auf die Vereinigten Staaten von Amerika beziehe – hängen mit ihrem Umfang und ihrer Qualität zusammen und lassen sich nicht auf die Mühen einer einzelnen Gruppe reduzieren. Diese Probleme zeigen sich in den Niedriglöhnen der meisten Branchen der Wirtschaft; in Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und in prekären Beschäftigungsverhältnissen, unter denen viele Arbeiter leiden; sie äußern sich auch in Überstunden, die häufig sogar die privilegiertesten Arbeitsplätze prägen – selbst der beste Job wird zum Problem, wenn er einen solchen Anteil des Lebens einnimmt. Sicher, wenn wir uns einfach nur mit diesen Bedingungen abfinden würden, gäbe das kein Rätsel auf. Das Verblüffende ist weniger das Hinnehmen der Tatsache, dass man arbeiten muss, um zu leben, als vielmehr die Bereitschaft, für die Arbeit zu leben. Es ist gleichsam leicht nachvollziehbar, warum wir die Arbeit so wertschätzen, aber deutlich weniger verständlich, warum wir sie über andere Zeitvertreibe und Aktivitäten stellen. Es ist auch überraschend, dass diese Fragen innerhalb der politischen Theorie kaum gestellt werden. Das geringe Interesse an einer Darstellung der täglichen Schinderei der Arbeitsroutinen in den unterschiedlichen Formen der Popkultur ist vielleicht nachvollziehbar 1 , ebenso wie die Tendenz der Kulturkritiker, sich eher auf die Leb- und die Sinnhaftigkeit der Verbrauchsgüter zu konzentrieren, statt auf die Arbeitstätigkeit, die Marx als Ursache für ihre Fetischisierung benannt hat (Marx 1976, 164-65).
Die Vorliebe für einen Grad an Abstraktion, der dazu führt, dass weder die qualitativen Dimensionen noch die hierarchischen Zusammenhänge von Arbeit registriert werden, kann auch als Ursache für deren relative Missachtung im Bereich der Mainstream-Wirtschaftswissenschaften gelten. Aber die mangelnde Aufmerksamkeit der politischen Theorie gegenüber den Erfahrungen und dem politischen Gefüge der Arbeit gehört anscheinend zu einem anderen Problem 2 . Tatsächlich scheinen sich die Vertreter politischer Theorien mehr für unser Leben als Bürger und Nichtbürger, als Rechtssubjekte und Rechteinhaber, als Konsumenten und Zuschauer, als religiöse Anhänger und Familienangehörige, denn für unser tägliches Leben als Arbeiter zu interessieren. 3 Und dennoch würde man (um ein einfaches Beispiel zu nennen) allein in Anbetracht der Zeit, die ein Durchschnittsbürger der Arbeit widmet – vor allem, wenn wir die Zeit für das Einlernen, die Suche und die Vorbereitung auf eine Arbeit, gar nicht zu reden von der Erholung von ihr, hineinrechnen – denken, dass sie als Lebenserfahrung stärker berücksichtigt werden müsste. Die Arbeit ist nicht nur für die Menschen essenziell, die ihr Leben darum aufgebaut haben, sondern in einer Gesellschaft der Lohnarbeit auch für diejenigen, die von ihr ausgeschlossen oder in Bezug auf sie an den Rand gedrängt sind. Um das vielleicht noch deutlicher zu machen, sollten Orte der Beschäftigung und Bereiche der Arbeit im Tagesgeschäft der Politikwissenschaften doch besonders relevant erscheinen: als Orte der Entscheidungsfindung, die von Macht- und Autoritätsbeziehungen bestimmt sind; als hierarchische Organisationen, die das Thema von Konsens und Gehorsam aufbringen; als Ausschlussbereiche, die Fragen über Zugehörigkeit und Zwang aufwerfen.
Auch wenn uns unpersönliche Gründe zur Arbeit verpflichten, begeben wir uns mit dem Betreten des Arbeitsplatzes unvermeidlich in eine direkte und persönliche Beziehung zwischen Bestimmenden und Bestimmten. Tatsächlich ist der Arbeitsplatz meistens der Ort, an dem wir im täglichen Leben den unmittelbarsten, eindeutigsten und greifbarsten Machtbeziehungen ausgesetzt sind. Als ein vollständig politisches statt rein wirtschaftliches Phänomen sollte die Arbeit uns als ein besonders ergiebiges Objekt für Untersuchungen erscheinen. Es gibt mindestens zwei nennenswerte Gründe für die mangelnde Berücksichtigung der Arbeit in der politischen Theorie. Der erste der beiden ist das, was ich die Privatisierung der Arbeit nenne. Wie die zwei vorangestellten Zitate andeuten, scheint es uns schwerzufallen, die Machtbeziehungen auf der Arbeit und in der Familie systematisch auseinander zu halten; oft erleben und verstehen wir das Beschäftigungsverhältnis wie ein Eheverhältnis – nicht als soziale Institution, sondern als einzigartige Beziehung. Dies lässt sich sicher auch durch die Institution des Privateigentums erklären, das die Ungestörtheit des Beschäftigungsverhältnisses parallel zum Eheverhältnis sichert. Dennoch sollte erwähnt werden, dass diese Form der privatisierten Arbeit nicht so leicht aufrecht zu erhalten ist: Lange hat die Arbeit in der privat-öffentlichen Wirtschaft des Liberalismus eine etwas schwierige Position eingenommen. Und obwohl John Locke ihr durch das natürliche Recht auf Eigentum und dessen Einbettung in die Haushaltsführung einen privaten Charakter verleihen konnte, bedroht die staatliche Rolle bei der Verteidigung der Eigentumsrechte (und die seit Locke ansteigende Regulierung und Planung im Sinne des Eigentums) den Status der Arbeit als private Beziehung und setzt sie – in der Logik Lockes – dem Zuständigkeitsbereich realer politischer Macht aus. 4
In der Unterscheidung zwischen öffentlich und privat wird der Topos der Arbeit mit der aufkommenden Industrialisierung noch problematischer: Während Arbeit mit Lohnarbeit gleichgesetzt und vom Haushalt getrennt wird, erscheint sie im Vergleich zur privaten Sphäre verhältnismäßig öffentlich. Es gibt aber noch weitere Mechanismen, die die von mir beschriebene Privatisierung der Arbeit begründen. Eine ist ihre Verdinglichung: Die Tatsache, dass man heute arbeiten muss, “um seinen Lebensunterhalt zu verdienen” wird als Teil der natürlichen Ordnung statt als soziale Konvention verstanden. Wie C. Wright Mills es in einem der Zitate oben beschreibt, tendieren wir in der Konsequenz dazu, uns mehr auf die Probleme mit diesem oder jenem Job oder auf sein Fehlen zu konzentrieren, als uns mit der Arbeit als Erfordernis, als System, als Lebensweise zu beschäftigen. Wie die Leibeigenen, die John Stuart Mill im anderen Zitat beschreibt, “sich nicht zuerst über die Macht ihrer Herren, sondern nur über deren Tyrannei beklagen” (1988, 84), fällt es uns leichter, uns über die Probleme mit diesem oder jenem Chef zu beschweren, als über das System, das ihnen eine solche Macht einräumt. Die effektive Privatisierung der Arbeit ist auch ein Teil der Logik, mit der der Arbeitsmarkt die Arbeit so stark wie nie zuvor individualisiert, mit ihrer enormen Vielfalt an Aufgaben und Zeitplänen, die heutige Beschäftigungsverhältnisse ausmachen. Wie der Haushalt wird der Arbeitsplatz typischerweise als privater Raum betrachtet, als Ergebnis einer Reihe an individuellen Vereinbarungen, statt als soziale Struktur; als ein Ort der menschlichen Bedürfnisse und eine Sphäre individueller Wahl, statt als Schauplatz für die Ausübung politischer Macht. Und aufgrund dieser Verknüpfung der Arbeit mit dem Bereich des Individuellen ist es schwer, die Kritik an der Arbeit so anzubringen, dass sie nicht als etwas vollkommen anderes wahrgenommen wird: als eine Kritik an den Arbeitern.
Durch die Unterordnung der Arbeit unter die Eigentumsrechte, ihre Verdinglichung und ihre Individualisierung fällt es vielen seltsamerweise genauso schwer, die Arbeit trotz ihres wohl eher dürftigen privaten Status als soziales System zu denken, wie die Ehe und die Familie als soziale Struktur zu begreifen. Der zweite Grund für die Marginalisierung der Arbeit bei der Konzeption des Politischen durch die politische Theorie könnte dem Rückgang des arbeitsbasierten Aktivismus in den Vereinigten Staaten zugeschrieben werden. Ohne Arbeiterpartei und mit den wechselhaften und manchmal gegensätzlichen Klassenausrichtungen innerhalb und zwischen den zwei Hauptparteien, hat die politische Agenda selten als Vehikel für einen arbeitsbezogenen Aktivismus gedient. Zudem wurde die Kraft der gewerkschaftsgetriebenen Politik durch die starke Abnahme an Mitgliedschaften seit dem zweiten Weltkrieg geschmälert. Heute scheinen viele Aktivisten anzunehmen, dass die beste Chance zur Ausübung kollektiver Macht neben dem parteiorientierten Wählen und dem institutionalisierten kollektiven Verhandeln in unserer Kaufkraft liegt. Daher treten ethisches Kaufverhalten und der Boykott durch die Konsumenten als Möglichkeit zur Beeinflussung unternehmerischer Entscheidungen an die Spitze des politisch-wirtschaftlichen Vorstellungsvermögens. Natürlich ist die Logik, die diesen Modellen von Konsumentenpolitik zugrunde liegt, genau die gleiche, wie die, die es Unternehmen ermöglicht, niedrige Preise für immer höherwertige Konsumgüter als angemessene Gegenleistung für niedrige Löhne, Outsourcing, Gewerkschaftsbekämpfung und staatliche Arbeitsbeschaffungsprogramme erscheinen zu lassen. In dem Maße, in dem die Bildung von Gewerkschaften und die Organisation von Konsumenten zwar zwei offensichtlich wichtige Instrumente, aber gleichzeitig die einzigen Vorstellungsräume für eine Politik der Arbeit bleiben, haben wir nur wenige Möglichkeiten, um die Anti-Arbeitsbewegung voranzubringen und Alternativen für eine Zeit nach der Arbeit zu entwickeln.
Worauf es bei all diesen Schritten einer Entpolitisierung der Arbeit ankommt, möchte ich mit diesem Beitrag zur politischen Theorie der Arbeit durchdenken und zur Debatte stellen. Aber zunächst möchte ich mich auf die theoretischen Grundlagen und die vorherrschenden, wegbestimmenden Konzepte konzentrieren – nicht so sehr, um die folgende Analyse vorwegzunehmen, als vielmehr, um die von ihnen ausgehende Inspiration aufzunehmen und die Art der Forderungen und Voraussetzungen zu erläutern, die diese mit sich bringen. Auch wenn Max Weber, Jean Baudrillard und Friedrich Nietzsche an einem bestimmten Punkt der Analyse als theoretische Grundlage eine kritische Rolle spielen werden, stützt sich das Projekt vor allem, wenn auch selektiv, auf die feministische und die marxistische Theorie, wie diese Eröffnungsdiskussion veranschaulichen wird. Ich sollte erwähnen, dass die Missachtung der politischen Dimension der Arbeit innerhalb der politischen Theorie nicht das einzige Hindernis für dieses Vorhaben ist; denn wie wir sehen werden, stellen uns auch die produktivistischen Tendenzen des Feminismus und des Marxismus mit ihren die Arbeit teilweise sehr explizit, teilweise stillschweigend befürwortenden Thesen und Aussagen vor einige Probleme.
Nichtsdestotrotz gibt es innerhalb jeder dieser Denktraditionen eine Reihe von Ausnahmefällen oder sogar Untertraditionen, die einiges an Kritik der Arbeit und Post-Arbeitsvorstellungen zu bieten haben. Aber statt diese Einleitung entlang einer Aufzählung der einschlägigen theoretischen Hintergründe des Projektes zu strukturieren, möchte ich sie lieber entlang der Beziehung des Projekts zu einer Auswahl von Schlüsselkonzepten aufbauen.
Die Analyse beginnt mit zwei Konzepten, die das Vorhaben umreißen und die Richtung vorgeben: die Arbeitsgesellschaft und die Arbeitsethik. Anschließend geht es mit einer Serie von Begriffspaaren weiter, darunter Arbeit und Arbeitskräfte, Arbeit und Klasse sowie Freiheit und Gleichheit, mit denen ich die zentralen Themen des Textes mit Leben füllen und meine Bedenken und Beweggründe herausarbeiten möchte. Zu Beginn lege ich dar, warum ich das Thema der Arbeit für theoretisch so relevant und politisch für so dringlich halte. Das Konzept der Arbeitsgesellschaft dient dabei als Ausgangspunkt für die Diskussion.
Die Arbeitsgesellschaft
Der Perspektivenwechsel, von dem ich mir wünschen würde, dass ihn die politischen Theoretiker stärker vorantrieben, ist ein Blickwechsel weg von Staat und Regierung hin zu politischer Ökonomie; weg von kulturellen Produkten hin zu den Stätten und Verhältnissen der Produktion; weg vom öffentlichen Raum und von Marktplätzen hin zu den Arbeitsplätzen.
Dieser Perspektivenwechsel erinnert an einen Vorschlag, den Marx in einer vielzitierten Passage am Ende des zweiten Teils des ersten Bandes von “Das Kapital” gemacht hat. Um den Erwerb und den Verkauf dieser sehr “sonderbaren” Ware Arbeitskraft zu beschreiben, erzählt er die Geschichte von zwei freien, eigennützigen Individuen, die beide Besitzer eines Stück Lands und vor dem Gesetz gleich sind und die einen Tausch von Leistungen eingehen: Der Erste stimmt zu, dass der Zweite seine Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit nutzen kann und der Zweite stimmt zu, dem Ersten dafür einen bestimmten Geldbetrag zu bezahlen.
Um zu erfahren, was nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags geschieht, müssen wir uns jedoch an einen anderen Ort bewegen, nämlich an den Ort, an dem diese besondere Ware “konsumiert” wird, indem ihr Verkäufer die Arbeit ausführt. “Diese geräuschvolle, auf der Oberfläche hausende und aller Augen zugängliche Sphäre” verlassen wir also mit Marx “zusammen mit Geldbesitzer und Arbeitskraftbesitzer, um beiden nachzufolgen in die verborgene Stätte der Produktion, an deren Schwelle zu lesen steht: Eintritt nur in Geschäftsangelegenheiten. Hier wird sich zeigen, nicht nur wie das Kapital produziert, sondern auch wie man es selbst produziert, das Kapital.” (1976, 279-280). Er verspricht, dass das “Geheimnis der Plusmacherei” unter diesem veränderten Blickwinkel enthüllt wird (280).
Durch den veränderten Fokus der Fragestellung auf eine lohnbasierte Produktion statt auf den marktbasierten Austausch wird der Arbeitsprozess, also die Arbeitsaktivitäten und die gesellschaftlichen Beziehungen, die diese formen, bestimmen und regeln, als Hort der kapitalistischen Wertsteigerung entlarvt.
Doch was gewinnen wir durch diesen neuen Blickwinkel? Was sehen wir, wenn wir den Fokus von der Sphäre des Marktes und Handels hin zu der privatisierten Sphäre der Produktion lenken? Wie seine Wortwahl der Enthüllung eines Geheimnisses es nahelegt, möchte Marx über das Eintauchen in diese “verborgene Stätte” die Welt der Lohnarbeit sichtbar machen, möchte sie nicht als natürlichen Wegbereiter oder ein peripheres Nebenprodukt der kapitalistischen Produktion, sondern vielmehr als ihren zentralen Mechanismus (Lohn) und ihren Lebenssaft (Arbeit) zeigen. Mit diesem Perspektivenwechsel erkennt die marxistische, politische Theorie die Lohnarbeit als einen zentralen kapitalistischen Produktionsmodus an und erklärt sie zu einem Ausgangspunkt, von dem aus die Mysterien des Kapitalismus aufgedeckt und seine Logiken offenbart werden können.
Aus meiner Sicht ist diese Anerkennung der Bedeutung von Arbeit heute ebenso relevant wie zu Marx’ Zeiten und es ist diese Beobachtung, die ich mit meinen Ausführungen zur Arbeitsgesellschaft unterstreichen möchte. Die Lohnarbeit ist bis heute das Herzstück spätkapitalistischer Systeme; natürlich, denn sie ist für die meisten Menschen der Weg, um die Grundbedürfnisse von Hunger, Kleidung und einem Dach über dem Kopf zu befriedigen. Sie ist aber nicht nur der primäre Mechanismus, durch den Einkommen verteilt wird, sie ist auch das grundsätzliche Mittel, um Status zuzuweisen und einen Zugang zu medizinischer Versorgung und Renten zu erhalten. Nach der Familie ist die Lohnarbeit für Millionen von Menschen oft die wichtigste, wenn nicht die einzige Quelle für sozialen Zusammenhang. Kinder so großzuziehen, dass sie später einen sicheren Arbeitsplatz in der gleichen, wenn nicht in einer höheren gesellschaftlichen Klasse ihrer Eltern erlangen, ist ein allgemein vertretenes Ziel in der Kindererziehung.
“Menschen zur Arbeit zu befähigen”, ist darüber hinaus “das zentrale Ziel der Schulen, ein Erfolgskriterium für medizinische und psychiatrische Behandlungen und das vorgebliche Bestreben der meisten Wohlfahrts- und Arbeitslosengeldprogramme”, wie Nona Glazer anmerkt (1993, 33). Dazu beizutragen, dass Menschen “arbeitsbereit” sind und sie in Jobs zu vermitteln, gehört zu den zentralen Anliegen von Sozialarbeit (Macarov 1980, 12), gilt als allgemeingültiges Grundprinzip für das Gefängnissystem und ist ein wichtiger Anreiz, um beim Militär aktiv zu sein. In der Tat ist die Durchsetzung von Arbeit als andere Seite des Schutzes der Eigentumsrechte eine Schlüsselfunktion des Staates (Seidman 1991, 315) und in einem neoliberalem Postwohlfahrtstaat eine ganz besonders grundlegende Aufgabe.
Aber die fundamentale Rolle der Arbeit sichtbar zu machen, ist nur ein Teil dessen, was Marx mit seinem Wechsel des Blickwinkels erreicht. Während des Abtauchens von der Sphäre des Marktes, die er satirisch als “wahres Eden” der Gleichberechtigung, persönlicher Freiheit und sozialer Harmonie beschreibt (1976, 280), hinein in die privatisierten Orte der Arbeit, will er das Gefüge der Arbeit nicht nur sichtbar machen, sondern auch politisieren. Genauer gesagt, soll durch die Fokussierung auf den Konsum von Arbeitskraft die soziale Bedeutung der Arbeit ausgestellt und sie gleichzeitig als politisches Problem gestellt werden. Obwohl Marx darauf beharrte, dass bezahlte Arbeit für all diejenigen ohne Alternativen ein System “erzwungener Arbeit” (1964) ist, bleibt es zum größten Teil eine abstrakte Form der Dominanz.
Im Allgemeinen ist es weder die Polizei noch die Androhung von Gewalt, die uns zur Arbeit zwingt, sondern ein soziales System, das sicherstellt, dass der Gang zur Arbeit für die meisten von uns der einzige Weg ist, um die eigenen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Daher scheint der spezifische Mechanismus, mit dem die Waren und Dienstleistungen in einer kapitalistischen Gesellschaft verteilt werden, nicht auf sozialen Konventionen oder politischer Macht sondern auf den menschlichen Bedürfnissen zu gründen, wie Moishe Postone feststellt (1996, 161). Die soziale Rolle der Lohnarbeit wurde so naturalisiert, dass sie notwendig und unvermeidlich erscheint, als etwas, an dem man herumdoktern, dem man aber niemals entfliehen kann.
Damit versucht Marx, die ökonomischen, sozialen und politischen Funktionen von Arbeit im Kapitalismus herauszustellen und die spezifischen Weisen zu problematisieren, mit der solche systembildenden Praktiken in industrielle Formen und kapitalistische Beziehungen von Arbeit eingeschrieben sind. Dieser Ansatz – die Arbeit gleichzeitig öffentlich und politisch zu machen – ist ein Weg, um den Kräften, die die Arbeit naturalisieren, privatisieren, individualisieren, ontologisieren und damit auch depolitisieren wollen, entgegen zu treten. Arbeit ist demnach nicht nur eine ökonomische Praxis. Dass jedes Individuum arbeiten muss, dass von den meisten erwartet wird, für Lohn zu arbeiten oder von jemandem unterstützt zu werden, der das tut, ist tatsächlich eher eine gesellschaftliche Konvention und ein disziplinarischer Apparat als eine ökonomische Notwendigkeit. Dass jedes Individuum nicht nur einen Teil seiner Lebenszeit, sondern oftmals ein ganzes Leben lang arbeiten muss; dass es nicht nur arbeiten, sondern Arbeiter werden muss, ist für die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums nicht notwendig. Tatsache ist, dass gesellschaftlicher Reichtum im Kollektiv und nicht durch das Individuum produziert wird, auch wenn sich die überholte ökonomische Vorstellung vom direkten Zusammenhang von individueller Produktion mit dem Konsum hartnäckig hält. 5 Es ist in der Tat so, wie Postone es beobachtet, “auf einem tiefen, systemischen Level wird nicht um den Willen des Konsums produziert” (1996, 184).
Der Zusammenhang mag unmittelbar und unumkehrbar erscheinen, ist aber hochgradig vermittelt: Keine der Parteien in einem Arbeitsverhältnis hat den Konsum zum Ziel; die eine strebt nach Mehrwert und die andere nach einem Einkommen. Die normative Erwartung von Lohnarbeit als einer individuellen Verantwortung hat mehr mit ihrer gesellschaftlich vermittelnden Rolle als mit ihrer rein produktiven Funktion zu tun (150). Arbeit ist das primäre Mittel, um Individuen sowohl in das ökonomische System als auch in soziale, politische und familiäre Formen der Kooperation zu integrieren. Dass die Menschen arbeiten sollen, ist eine Grundlage des allgemeinen Gesellschaftsvertrags; um genau zu sein, ist es das Element, um einzelne Subjekte zu den unabhängigen Individuen der liberalen Vorstellungswelt zu machen und wird daher als eine Grundpflicht der Staatsbürgerschaft betrachtet. (Die Tatsache, dass die Gesundheit der Wirtschaft von einer beständigen Begrenzung der Arbeitslosigkeit abhängt, ist nur eines der größeren Probleme mit dieser Konvention.) Die Träume individueller Verwirklichung und der Wunsch zum Allgemeinwohl beizutragen, werden eng mit der Lohnarbeit verknüpft - und von dort aus erfolgt ihre feindliche Übernahme mit einem ganz anderen Ergebnis: Nicht mit dem Ziel individuellen Reichtum oder gesellschaftlichen Wohlstand zu produzieren, sondern um privat angeeigneten Mehrwert herzustellen. Die Kategorie der Arbeitsgesellschaft beschreibt nicht nur die Schlüsselrolle der Arbeit, sondern auch die Tragweite ihrer sozialen Relevanz (siehe beispielsweise Beck 2000).
Die bisher aufgeworfenen Fragen und ausgeführten Aspekte sollen als Bühne für die folgenden Argumente dienen. Ein Weg, um sich die Diskussion in ihrer Gänze zu erschließen, ist die Aufteilung in zwei Teile: Der erste Teil meines Buches konzentriert sich auf die diagnostischen und dekonstruierenden Dimensionen der kritischen Theorie der Arbeit; und der zweite Teil fokussiert auf die normativen und rekonstruierenden Aspekte des Projekts. Während “die Zurückweisung” die belebende Kategorie für den ersten Teil darstellt, fußt der zweite Teil auf der “Forderung”. Die Argumentation entwickelt sich also von der Zurückweisung gegenüber dem heutigen Verständnis von Arbeit hin zur Forderung nach Gegenmitteln und Vorstellungen einer alternativen Zukunft. Wie bereits erwähnt, steht die Arbeitsethik im Zentrum der politischen Theorie über und gegen die Arbeit, womit ich meine Ausführungen beginne. Eine Kritik der Arbeit, die ihre Dominanz über unsere Leben herauszufordern sucht, muss den ethischen Diskurs berücksichtigen, der der Arbeit ihre Bedeutung gibt und ihre Vorrangstellung verteidigt.
Zunächst wird die Arbeitsethik einer kritischen Analyse unterzogen und es werden einige der theoretischen Grundlagen erkundet, mit denen sie untersucht werden kann. Ich konzentriere mich hierbei auf die Natur und die Funktion der Arbeitsethik in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als passender Einstieg für einen Text, der sich so häufig auf die marxistischen Quellen bezieht, konzentriert sich die Analyse zu Beginn auf “Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus” von Max Weber und damit auf eine der bekanntesten kritischen Abhandlungen dieser Tradition.
Ausgehend von den Beständigkeiten und Verschiebungen im Verlauf der unterschiedlichen Erscheinungsformen der Arbeitsethik, zunächst als Protestantischer Ethik und später als industrieller und dann postindustrieller Ethik, soll die Analyse die jüngere Vergangenheit der Arbeitsethik aufzeigen und Fragen zur ihrer Zukunft aufwerfen. Heute, wo neoliberale und postliberale Regime nahezu jeden zur Lohnarbeit verpflichten (ungeachtet der Tatsache, dass es dafür nicht genug Arbeit gibt), wo die postindustrielle Produktion die Köpfe und Herzen ebenso wie die Hände der Arbeiter beschäftigt und wo die nach Taylor entstandenen Arbeitsprozesse ein immer stärkeres Selbstmanagement von Subjektivität erfordern, so dass die Haltung und die emotionale Einstellung zur Arbeit selbst einen Wert herstellt, ist der ethische Diskurs über die Arbeit unverzichtbarer als je zuvor und eine Verweigerung des verordneten Arbeitens umso dringlicher. In diesem Sinne soll die Analyse nicht nur die Beständigkeit und Macht der Ethik betrachten, sondern auch ihre instabilen und verwundbaren Aspekte beleuchten. Demzufolge geht es um theoretische Werkzeuge, mit denen wir einige dieser eröffnenden Punkte näher erkunden können. Ausgehend von Jean Baudrillards Kritik des Produktivismus untersuche ich die Grenzen zweier miteinander verwandter Paradigmen der marxistischen Theorie, die als “sozialistische Modernisierung” und “sozialistischer Humanismus” bezeichnet werden, und konzentriere mich dann auf eine Erklärung der autonomistischen marxistischen Theorie und die Praxis der Arbeitsverweigerung.
Die kritische Begutachtung dieser zwei früheren Modelle eröffnet die Möglichkeit, die arbeitsbefürwortenden Annahmen und Werte, die sich hartnäckig in zahlreichen theoretischen Gerüsten – sowohl in manchen marxistischen Diskursen als auch in den lehrreichen Gegensätzen – halten, jenem anderen Engagement gegenüber zu stellen, das als neuere Strömung den autonomistischen Marxismus belebt. Die Verweigerung von Arbeit – und zwar nicht als Verweigerung von Kreativität oder produktivem Tun, sondern als Verweigerung der heutigen Ausrichtung von Arbeit und ihrer moralisierten Konzeption – dient als methodologisches Gravitationszentrum und fortschreitende Inspirationsquelle für die Art der Analyse und die Spekulationen, die die nachfolgenden Kapitel bestimmen.
Die kritische Praxis als Herzstück der Arbeitsverweigerung, wie ich sie verstehe, ist gleichzeitig Dekonstruktion und Rekonstruktion. Oder wie die Autonomen es beschreiben würden: eine Praxis der Trennung und ein Prozess der Selbstaufwertung, die sich einer Analyse verpflichten, die gleichermaßen der Anti-Arbeitskritik und der Vorstellung der Post-Arbeitsschöpfung dient. Die Analyse der zweiseitigen Qualität der Arbeitsverweigerung markiert einen Wechsel von der kritischen Anklage, die ich beschrieben habe, hin zu der Aufgabe, mögliche Alternativen zu entwickeln; von der Entwicklung einer Kritik der Arbeitsethik hin zur Anstiftung und einem politischen Vorstellungsvermögen der Post-Arbeit. Genauer gesagt, verschiebt sich der Fokus der Argumentation an diesem Punkt von der Verweigerung der Arbeit und ihrer Moral hin zur Forderung eines sicheren Grundeinkommens und einer 30-Stunden-Woche.
Mit der Kategorie der utopischen Forderung möchte ich eine Beziehung herstellen zwischen der kritischen Analyse der Arbeit und dem Verlangen, der Vorstellung und dem Wunsch nach einer Post-Arbeitswelt, wie sie sich in der Praxis der Äußerung politischer Forderungen darstellt.
Utopische Forderungen, inklusive dem Bedürfnis nach einem Grundeinkommen und kürzerer Arbeitszeit, sind mehr als reine Maßnahmenvorschläge; sie beinhalten auch die Perspektiven und Modi des Seins, die den Texten und Praktiken zu Grunde liegen, durch die sie geprägt sind, aus denen sie erwachsen und die sie unausweichlich übertreffen werden. Eine Einschätzung ihres Nutzens muss daher die Möglichkeiten und Grenzen ihrer strukturellen Effekte wie auch ihrer diskursiven Effekte berücksichtigen. Aber zuerst: Warum sollte man diese Forderungen hervorheben? Es gibt sicherlich jede Menge an Forderungen, die eine Erkundung wert wären; Vorschläge, die zu konkreten Verbesserungen der momentanen Arbeitsbedingungen führen könnten. 6 Die Forderung nach einem Mindestlohn ist ein offensichtliches Beispiel; quer durch die Vereinigten Staaten haben Kampagnen für eine Reform des Mindestlohns politische Aktivitäten auf einem beeindruckenden Niveau ausgelöst und bedeutende Siege errungen. Ich konzentriere mich aus zwei Gründen auf die Forderung nach einem Grundeinkommen und einer kürzeren Arbeitszeit: Erstens beinhalten sie, ebenso wie die Forderung nach einem Mindestlohn und Ähnlichem, wichtige Lösungsvorschläge für einige der Probleme des bestehenden Systems von Löhnen und Stunden. Ein garantiertes und universelles Grundeinkommen würde die Verhandlungsposition aller Arbeiter gegenüber ihren Arbeitgebern verbessern, und es einigen Menschen erlauben, aus der Lohnarbeit auszutreten, ohne das Stigma und das Prekariat bedürftigkeitsgeprüfter Wohlfahrtsprogramme. Eine Vollzeit-30-Stunden-Woche ohne Verluste in der Bezahlung würde dazu beitragen, die Probleme der Arbeitslosigkeit und der Überarbeitung anzugehen. Der zweite Grund für diese Auswahl an Forderungen, der sie aus meiner Sicht von vielen anderen Forderungen für wirtschaftliche Reformen, inklusive der Forderung nach einem Mindestlohn, unterscheidet, ist nicht nur ihr Vermögen, die Bedingungen für die Arbeit zu verbessern, sondern darüber hinaus die Voraussetzungen für deren Dominanz in Frage zu stellen. Diese Forderungen bestätigen weniger unser Recht auf Arbeit, als dass sie uns helfen, ein gewisses Maß an Freiheit von ihr zu erlangen. 7
Ziel ist es, Forderungen unter die Lupe zu nehmen, die konkrete Arbeitsformen nicht nur verbessern, sondern auch größere Fragestellungen über den Stellenwert der Arbeit in unserem Leben aufwerfen, und die eine Vorstellung vom Leben hervorrufen, das sich weniger ihrem Diktat unterwirft; Forderungen, die eher als Vektoren wirken und nicht so sehr als Ziellinien der Überlegungen. 8 Die weitere Untersuchung beginnt mit einer Erinnerung an die Bewegung der 70er Jahre, die Löhne für Hausarbeit forderte – einer der vielversprechendsten Ansätze, der – wie ich argumentiere – kaum verstanden wurde. Diese Instanz der marxistischen, feministischen Theorie und Praxis ist für dieses Projekt besonders relevant, da sie ihre Wurzeln in der autonomen Tradition hat, sich der Verweigerung von Arbeit verpflichtete und sie unverwechselbar umsetzte. Aufbauend auf Analysen dieser Literatur der gegenderten politischen Ökonomie der Arbeit, ihrer Form des Kampfes gegen die Ordnung der häuslichen Arbeit und ihrem Umgang mit der feministischen, politischen Praxis des Forderns, beginne ich, eine Argumentation für eine andere Forderung zu entwickeln: Die Forderung für ein garantiertes Grundeinkommen. Ich gehe davon aus, dass diese Forderung einige der Ziele der bezahlten Hausarbeit erfüllt, während sie gleichzeitig besser mit den Voraussetzungen einer postfordistischen, politischen Ökonomie zusammenpasst. Basierend auf dem Rahmen, den die Literatur zur bezahlten Hausarbeit bereitstellt, kann die Forderung nach einem Grundeinkommen mehr als nur eine sinnvolle Reform sein: Sie kann sowohl dazu dienen, eine kritische Sichtweise auf das System der Lohnarbeit zu entwickeln und gleichzeitig die Vision eines Lebens heraufbeschwören, das nicht auf den heute gültigen Bedingungen und Verhältnissen des Systems gründet. Mit diesem besonderen Verständnis davon, was eine Forderung ist und was sie vermag, führt die Analyse sukzessive zu meiner zweiten Forderung, der Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten.
Die Forderung nach einem Sechs-Stunden-Tag ohne Lohneinbuße lässt sich als Forderung nach Veränderung, als Perspektive und als Provokation, sowie gleichzeitig als eine sinnvolle Reform und als konzeptioneller Rahmen verstehen, der kritisches Denken und eine öffentliche Debatte über die Strukturen und die Ethik der Arbeit ermöglichen könnte. Sowohl für jene, die eine Reduzierung der Stunden um den Willen von mehr Zeit mit der Familie verteidigen, als auch für die, denen es nicht gelingt, mit der Forderung den Zusammenhang von Arbeit und Familie zu thematisieren. Der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten bezieht sich in dieser Abhandlung auf die Ausweitung unserer Freiheit – nicht nur von einem kapitalistischen Kommando, sondern auch von den auferzwungenen Normen der Sexualität und traditionellen Maßstäben für die richtige Zusammensetzung und die Rollen im Haushalt. Mit einem kritischen statt bestätigenden Blick auf den normativen Diskurs zur Familie wird die Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten hier neben anderen positiven Effekten als eine Forderung für mehr Zeit zum Träumen, Experimentieren und Teilhaben in den von uns ausgesuchten engen Beziehungen und Gemeinschaften verstanden. In diesem Sinne wird die Bewegung für kürzere Arbeitszeiten als eine Möglichkeit gesehen, sich die Zeit und den Raum zu nehmen, um Alternativen zu den bestehenden Strukturen und Ethiken von Arbeit und Familie aufzuwerfen und zu gestalten. Während die Forderungen nach einem Grundeinkommen und kürzeren Arbeitszeiten einen sinnvollen Weg hin zu einer kritischen Politik gegen und über die Arbeit hinaus aufzeigen, können sie aber auch leicht als utopisch abgetan werden.
Daher untersuche ich die Argumentation gegen die Utopie und versuche ausgehend von den Arbeiten Ernst Blochs und Friedrich Nietzsches eine Erwiderung zu erarbeiten. Statt die erläuterten Argumente für den Realitätsgehalt der Vorschläge zu wiederholen, folge ich einer anderen Spur. Statt das Urteil “utopisch” krampfhaft widerlegen zu wollen, sollte die Diskussion an die Frage anknüpfen, was eine utopische Forderung ist und was durch sie erreicht werden kann – immer ausgehend von der Annahme, dass wir die Wirksamkeit der utopischen Dimensionen nur über eine komplexere Auseinandersetzung mit ihnen erkennen können. Um die grundlegenden Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen der Forderung als utopischer Form zu ermitteln, untersuchen wir ihre Beziehungen zu anderen, vielleicht bekannteren utopischen Schöpfungen unter anderem aus der traditionellen Literatur, den philosophischen Utopien und dem Manifest. Das Konzept der utopischen Forderung, welches daraus entsteht, betont nicht nur ihre Fähigkeit, wichtige Reformen anzustoßen, sondern auch ihr Potenzial als kritische Perspektive und provokative Kraft, die den politischen Wunsch nach der Vorstellung und Bewegung hin zu einer anderen Zukunft auslöst. Der kurze Epilog soll die vorangegangen Argumente reflektieren und die Themen ansprechen, die sie vernachlässigt haben. Ich beginne mit zwei Klärungen. Erstens: Dass ich die Politik dem Terrain der Ethik vorziehe, wenn es um den Kampf gegen die Arbeit und um die Post-Arbeit geht, wirft die Frage nach ihrer Beziehung zueinander auf, derer sich die Analyse annimmt. Eine weitere begründete Diskussion entsteht rund um einen anderen Zusammenhang: zwischen der radikalen Zielsetzung des Projekts, das Leben jenseits der Arbeit wiederzubeleben, und seinen verhältnismäßig moderaten Forderungen. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen ambitionierten Zielen und moderaten Mitteln sorgt für die nötige Ausarbeitung des Verhältnisses zwischen Reform und Revolution, der dem Projekt zugrunde liegt.
Im letzten Teil trete ich einen weiteren Schritt zurück vom Material, um einen Weg zu finden, wie sich die beiden Forderungen zusammenbringen lassen und als Teil einer größeren politischen Anstrengung das Leben gegen die Arbeit verteidigen: eine umgangssprachliche Version dessen, was man als “Get a life”* beschreiben könnte. Die Überschrift Leben gegen Arbeit ist aus meiner Sicht weitläufig und konkret genug, um eine Politik des Nichtarbeitens und eine Vision für das Nach-der-Arbeit zu nähren.
In dem vorangestellten Zitat beklagt sich C. Wright Mills über die Tatsache, dass wir die Zufriedenheit mit einer Arbeit nur an den Standards einer anderen Arbeit messen: “Eine Art der Arbeit oder ein bestimmter Job wird in der heutigen Arbeitswelt mit einer anderen verglichen, sei sie erlebt oder vorgestellt. Urteile werden seltener über die Welt der Arbeit gefällt, wie sie heute organisiert ist, als über andere Möglichkeiten, sie zu organisieren” (1951, 229).
Ich möchte klarstellen, wie wichtig eine politische Theorie der Arbeit ist und vor allem eine politische Theorie, die Arbeit als politisches Problem für die Freiheit versteht. Über alle einzelnen Bereiche und Kategorien hinweg; über all die einzelnen Argumente zur Rolle der Arbeitsethik bei der Aufrechterhaltung der heutigen Arbeitsstrukturen und -kulturen, zur Rechtfertigung eines Grundeinkommens, zur Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten oder zur Nützlichkeit utopischen Denkens hinaus, soll meine Auseinandersetzung einige grundlegende Fragen über die Organisation und Bedeutung von Arbeit aufwerfen. Die Grundannahmen im Kern der Arbeitsethik – nicht nur die Tugenden harter Arbeit oder langer Arbeitszeiten – sondern auch ihre Unausweichlichkeit, werden zu selten untersucht, geschweige denn in Frage gestellt.
Welche Art Begriffsgefüge und welche Form des politischen Diskurses tragen dazu bei, die Natur, den Wert und die Bedeutung von Arbeit in Bezug auf andere Praktiken und zum Rest des Lebens neu zu denken? Wie können wir die fundamentalen Strukturen und herrschenden Werte der Arbeit mit all ihren Zeitlichkeiten, Vergesellschaftungen, Hierarchien und Subjektivitäten als politisch dringliches Phänomen bloßlegen? Wenn es sich bei den Fragen, warum wir arbeiten, wo wir arbeiten, mit wem wir arbeiten, woran wir arbeiten und wie lange wir arbeiten, um soziale Arrangements und damit eigentlich um politische Entscheidungen handelt, wie können wir dann größere Bereiche dieses Feldes als brauchbaren Boden für Debatten und den Kampf gewinnen? Das Problem mit der Arbeit ist nicht nur, dass sie so viel Zeit und Energie beansprucht, sondern dass sie auch das soziale und politische Vorstellungsvermögen beherrscht. Wie würden wir die verschiedenartigen Zeiten und Räume außerhalb der Lohnarbeit nennen und was würden wir mit und in ihnen anfangen wollen? Wie könnten wir uns die Inhalte und Rahmen unserer gegenseitigen Verpflichtungen jenseits der Währung Arbeit vorstellen? Das Argument, das darauf folgt, ist ein Versuch, theoretisch abzuschätzen und sich vorzustellen, wie die heutige Organisationsstruktur von Arbeit und der sie stützende Diskurs politisch hinterfragt werden können.
* engl. „Fang an zu leben!“ (Anm. d. Ü.)
1 Wie es Michael Denning bemerkt, ist es heute in der Tat “ein Allgemeinplatz, unseren Widerwillen gegen die Arbeit in den populären Geschichten unterzubringen. Ein Marsianer, der die Palette des Standardfilmangebots in sein Raumschiff saugt, würde daraus ganz logisch schließen, dass die Menschen weit mehr Zeit mit Sex als mit der Arbeit verbringen.” (2004, 91-92).
2 Während die Arbeit als Phänomen früher eine Untersuchung wert war, hat die “zeitgenössische politische Theorie” laut Russell Muirhead “mehr über Pluralismus, Duldung, Tugenden, Gleichheit der Chancen und Rechte, als über den Charakter der Arbeit zu sagen.” (2004, 14).
3 In einem Review soziologischer Arbeiten über die Verbindung von Arbeit und Identität schließt Robin Leidner, dass sich im Gegensatz zum weitreichenden Interesse an dem Thema Identität innerhalb der Geisteswissenschaften “nur ein paar wenige zeitgenössische Denker die Arbeit zum Ausgangspunkt ihrer Analyse der Identität in der späten Moderne oder Postmoderne machen.” (2006, 424).
4 Die Arbeiter können so von der Figur des Dieners repräsentiert werden, wie es eine berühmte Passage aus dem The Second Treatise on Civil Government nahelegt, in der Locke behauptet, dass die Arbeitskraft, die ein Individuum zum Besitzer privaten Eigentums macht auch den Torf beinhaltet, den der Knecht gestochen hat. (1986, 20).
5 Kulturelle Darstellungen der heutigen Arbeitswelt sind nicht nur relativ selten, sondern verändern sich auch sehr langsam. Daniel Rodgers nennt als Beispiel das weiterhin populäre Bild des Schmieds, das in Cartoons genutzt wird, um die Arbeiter in einer industriellen Wirtschaft darzustellen, obwohl es ihn kaum noch gibt. (1978, 242). In den 60er Jahren zeigte James Boggs das Problem des Festhaltens an überkommenden wirtschaftlichen Bildwelten ebenfalls auf, indem er argumentierte, dass einem postindustriellen Arbeitslosen zu erzählen, “dass er arbeiten muss, um sein Einkommen zu verdienen, das Gleiche ist, wie einem Mann in der Großstadt zu sagen, dass er auf Großwildjagd gehen soll, um sein Fleisch heranzuschaffen.” (1963, 52).
6 Obwohl es weniger der Wunsch nach Veränderung als der Wunsch nach einer Umsetzung der bestehenden Politik ist, muss erwähnt werden, dass allein der Wunsch nach einer Durchsetzung der Gesetze zu Löhnen und Arbeitszeiten auf dem Papier einen riesigen Unterschied machen würde, vor allem für das Leben der Niedriglohnarbeiter. Siehe Annette Bernhardt u. a. (2009).
7 Ein weiteres Beispiel ist die Forderung nach einer umfassenden Gesundheitsversorgung ohne Bindung an die Arbeit, obwohl diese Forderung als Kritik an der Arbeit weniger direkt wirkt als die Forderung nach einem Grundeinkommen und kürzeren Arbeitszeiten.
8 Die Forderung nach weniger Arbeit, wie sie Jonathan Cutler und Stanley Aronovitz erläutern, ist in ihrem Umfang ungewöhnlich, weil sie Arbeiter in die Position bringt, weitere Forderungen zu stellen: “Keine andere Verhandlungsforderung verbessert gleichzeitig die Verhandlungsposition.” (1998, 20).
Literatur
Bernhardt, Annette et.al. 2009. Broken Laws, Unprotected Workers: Violations of Employment and Labor Laws in America’s Cities. http://nelp.3cdn.net/319982941a5496C741_9qm6b92kg.pdf.
Boggs, James. 1963. The American Revolution: Pages from a Negro Worker’s Notebook. New York: Monthly Review Press.
Cutler, Jonathan and Aronowitz, Stanley. 1998. Post-Work: Wages of Cybernation. New York: Routledge. Denning, Michael. 2004. Culture in the Age of Three Worlds. London: Verso.
Glazer, Nona. 1993. Women’s Paid and Unpaid Labor: The Work Transfer in Health Care and Retailing, 1993. Philadelphia: Temple University Press.
Leidner, Robin. 2006. in Social theory at work. Oxford: Oxford University Press.
Locke, John. The Second Treatise on Civil Government, 1986. Amherst, N.Y.: Prometheus.
Macarov, David. Work and Welfare: The Unholy Alliance, 1980. Beverly Hills: Sage.
Marx, Karl. 1964. The Economic and Philosophic Manuscripts of 1844. Translated by Martin Milligan. New York: International Publishers.
Marx, Karl. 1976. Capital: A Critique of Political Economy. Vol. i. Translated by Ben Fowkes. New York: Vintage.
Mill, John Stuart. 1988. The Subjection of Women. Indianapolis: Hackett.
Mills, Wright. 1951. White Collar: The American Middle Classes. New York: Oxford University Press.
Muirhead, Russell. 2004. Just Work. Cambridge: Harvard University Press.
Postone, Moishe. 1996. Time, Labor, and Social Domination: A Reinterpretation of Marx’s Critical Theory, 1996. Cambridge: Cambridge University Press.
Rodgers, Daniel T. 1978. The Work Ethic in Industrial America: 1850-1920. Chicago: University of Chicago Press.
Seidman, Steven. 1991. Postmodernism and Social Theory: The Debate Over General Theory. Berkeley: University of California Press.